»DiE 2« in Deutschland
Nachdem am 11. Juli 1972 die erste Folge über die bundesdeutschen Bildschirme flimmerte (vom ZDF für damalige Verhältnisse relativ zügig nach der englischen Erstaufführung am 17. September 1971 ausgestrahlt), sollte Synchron-Deutschland nicht mehr so sein wie vorher. Was sich in der Berbeitung durch die Firma »Deutsche Synchron KG Karlheinz Brunnemann« von Serien wie »Tennisschläger und Kanonen« (»I Spy«), »Ihr Auftrag Al Mundy« (»It Takes A Thief«) oder »Mini-Max« (»Get Smart«) bereits abzeichnete, steuerte mit »DiE 2« auf seinen Höhepunkt zu. Das sogenannte Schnodder-Synchron war geboren: Eine gelungene Mischung aus (Pseudo-)Jugendsprache, Unterwelt- und Berliner Kneipenjargon, einem Schuss jiddisch gepaart mit satirischer Selbstironie in den Texten (»Hoffentlich halten wir mit den Sprüchen die ganze Folge durch oder »Übrigens: Du musst in der letzten Folge was gesagt haben, da hat einer ans ZDF geschrieben«) machten die Serie über Nacht in Deutschland erfolgreich.

Rainer Brandt, ehemaliger Kabarettschüler von Wolfgang Neuss, der zusammen mit Karlheinz Brunnemann für Texte und Dialogregie zuständig war, war fortan verantwortlich für zahlreiche Sprachschöpfungen, die mehr oder weniger bewusst in den deutschen Wortschatz übergingen (»Ich glaub’ mich tritt ein Pferd«), und lieh außerdem Tony Curtis (»Danny Wilde«) seine Stimme. Einer der aktivsten und dienstältesten (Synchron-)Schauspieler Lothar Blumhagen sprach kongenial die Rolle des »Lord Brett Sinclair« (von Danny Wilde gern als »durchlocht«, »Merkwürden«, »durchschlaucht« etc. tituliert). Zwar war der Münchener Niels Clausnitzer zu diesem Zeitpunkt bereits Stammsprecher von Moore (vor allem durch die zwei Serien »Ivanhoe« und »Simon Templar«), jedoch verstand es Blumhagen bestens, speziell diese Rolle mit trockenem Understatement im Tonfall auszustatten. Nicht vergessen werden sollte die Synchronbesetzung von Richter Fulton (Laurence Naismith), des dritten regulären Charakters der Serie, durch den 2003 verstorbenen Friedrich W. Bauschulte (bekannteste Synchronrollen wohl Karl Malden u.a. in »Die Straßen von San Francisco« und Herr Rossi in »Herr Rossi sucht das Glück«).

Der (Synchron-)Erfolg von »DiE 2« wurde übrigens verdientermaßen auch mit dem goldenen Bild + Funk Bambi für Brandt/Brunnemann belohnt, eine einmalige Auszeichnung im Bereich Seriensynchronisation (später gab es noch den »Parlazzo«-Mythospreis des WDR für Brandt/Blumhagen). Der Erfolg von »DiE 2« öffnete fortan allen möglichen Varianten von Spaß- und Kalauersynchron Tür und Tor. Freilich nicht immer unter der Ägide Brandt/Brunnemann, sondern zahlreichen Möchtegern-Mitläufern, die diese Praxis oft auch bei Filmen anwandten, wo sie eigentlich nichts verloren hatte. Somit entstanden auch in der Folgezeit ZDF-Dauerbrenner wie »Männerwirtschaft« (»The Odd Couple« oder »Department S« und »Jason King«. Auch im Kino verfuhren die »Deutsche Synchron KG« oder später vor allem die »Hermes Synchron GmbH« ähnlich: Nicht ganz ernst zu nehmende Italo-Western, Louis de Funès, Bud Spencer/Terence Hill, Pierre Richard, Jean-Paul Belmondo, Adriano Celentano und deren Eipigonen boten ideale Grundlagen.

Stellt »DiE 2« zwar auf dem Gebiet der Synchronisation einen Sonderfall dar, ist die Serie exemplarisch für unangenehme damalige Praktiken der öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten: dem Publikum ohne Begründung bestimmte angeblich nicht konforme Episoden vorzuenthalten. In diesem Fall ganze sieben von 24 Folgen. Diese sind (in Klammern der spätere Kabel1-Titel): »Anyone Can Play« (»Daniel der Bombenjunge«), »The Old, The New And The Deadly« (»Die Vergangenheit des Grafen«), »The Long Goodbye« (»Die Jagd nach der Formel«), »The Morning After« (»Am Morgen danach«), »Read And Destroy« (»Der Mann mit dem Toupet«), »The Ozerov Inheritance« (»Die Ozerov-Juwelen«) und »Someone Waiting« (»Ja, wo rennen sie denn?«). Diese Entscheidung war bei »The Old, The New And The Deadly«, bei der es um einen Ex-Nazi geht, noch halbwegs nachzuvollziehen, denn auch Serien wie »Star Trek« (»Patterns Of Force«) oder »Mission Impossible«, deren berühmte Folge »Echo Of Yesterday« bis heute nicht im deutschsprachigen Raum zu sehen war, ereilte das gleiche Schicksal. Aber warum eine harmlose und unterhaltsame Folge wie »The Long Goodbye» nicht ins ZDF-Schema passte, bleibt ein Rätsel. Von Kürzungen blieben »DiE 2« größtenteils verschont, obwohl man auch hier, wie bei vielen anderen anglo-amerikanischen Serien, den meist zwei bis drei Minuten langen und dramaturgisch wichtigen Prolog zum Bestandteil der Folge machte, indem man den Vorspann einfach voranstellte. Eine Obskurität der besonderen Art stellt hierbei eine Kassette dar, die die Firma »Arcade« im Frühjahr 1985 auf den Videomarkt warf. Diese trug den Titel »The Persuaders« (vielleicht wählte man den Originaltitel, um einen möglichen Titelschutzstreit mit dem ZDF aus dem Weg zu gehen) und enthielt die Folgen »The Time And The Place« und »The Long Goodbye«. Dass es sich ausgerechnet um die beiden Folgen handelt, bei denen Roger Moore Regie führte, dürfte lediglich einen Zufall darstellen. »The Time And The Place« war die alte ZDF-Synchro, wobei die Folge aber einen neuen Titel erhielt (»Der Staatsstreich« – im ZDF »Der Tod kommt live«). »The Long Goodbye« allerdings erschien zum ersten Mal in Deutschland (unter dem Videotitel »Die Formel des Todes«) und wies eine bemerkenswerte Erstsynchronisation auf: Für diese in München bearbeitete Folge sprachen Synchron-As Thomas Danneberg (Arnold Schwarzenegger, Terence Hill etc.) Tony Curtis und der Münchener Schauspieler Hannes Gromball Roger Moore, allerdings im gleichen Duktus und Schnodderstil wie Brandt/Blumhagen. Wie es zu dieser (fast schon abnormen) Synchronisation kam, können die damals Beteiligten heute nicht mehr eruieren.

Die deutsche Episodentitelwahl war recht originell: Davon zeugt zum Beispiel »Das doppelte Lordchen« und vor allem »Der Mann mit dem Köfferchen«, eine Anspielung auf die damals äußerst erfolgreiche Serie »Man In A Suitcase« – ebenfalls von ITC. Leider geriet »Der Mann mit dem Koffer« aufgrund mangelnder Wiederholungen in Vergessenheit.

Zur regulären Synchronisation der fehlenden sieben Folgen kam es erst 1994, wieder mit dem gleichen Team Brandt/Blumhagen/Bauschulte, die stimmlich kaum gealtert schienen. Der Privatsender Kabel1 strahlte diese ab August 1994 aus, allerdings ohne groß auf die kleine Sensation hinzuweisen. Der Spielfilmzusammenschnitt »Mission Monte Carlo«, der hauptsächlich aus der Folge »Die tote Tänzerin« bestand, war bis heute nicht in Deutschland zu sehen. Dies stellt allerdingskeinen Verlust dar, da er ohnehin kein neues Material enthält.

(Text im Wesentlichen von Uwe Huber aus »Die 2 – Collector’s Box«)

 

Die Synchronsprecher

Rainer Brandt (geboren 1937 in Berlin)

Rainer Brandt hat die meisten der Elvis-Presley-Filme synchronisiert (z.B. »Mein Leben ist der Rhythmus«, »Flammender Stern«, »Gold aus heißer Kehle«, »König der heißen Rhythmen«). In vielen Karl-May-Verfilmungen sprach er die »Bösewichter« (u.a. Mario Adorf als Santer in »Winnetou I«, Anthony Steel als Forrester in »Winnetou II« und Rik Battaglia als Kara Nirwan in »Der Schut«). Seit Mitte der 70er-Jahre war er in Filmen wie z.B. »Der Puppenspieler« oder »Die Glorreichen« auch die deutsche Stimme Jean Paul Belmondos. Gemeinsam mit Karl-Hein Brunnemann war er für die »Eindeutschung« von TV-Serie wie »Ihr Auftritt, Al Mundy«, »Department S«, »Männerwirtschaft« oder in den Neunzigern »Ein Käfig voller Helden« verantwortlich. Krönung dieser Arbeiten war sicherlich die Serie »DiE 2«, wo er die Stimme von Tony Curtis übernahm. Als Schauspieler war Brandt u.a. im Horror-Kultfilm »Ein Toter hing im Netz«, in »Wenn die Heide blüht« (1960), »Die Fastnachtsbeichte«, »Das Riesenrad« (1961) oder im Jerry-Cotton-Krimi »Die Rechnung – Eiskalt serviert« zu sehen. Brandt besitzt eine eigene Synchronfirma (Rainer Brandt Filmproductions GmbH) in Kleinmachnow und ist mit seiner Kollegin Ursula Heyer verheiratet.


Lothar Blumhagen (geboren 1927 in Leipzig)

Lothar Blumhagen wirkte in den ersten Jahren seiner Schauspieltätigkeit in der DDR. Neben Rollen in DEFA-Filmen synchronisierte er dort z.B. Gerard Philipe. Später ging Blumhagen in den Westen und war lange Mitglied der staatlichen Bühnen Berlins. Seine bekannteste Synchronrolle dürfte Roger Moore in der Serie »DiE 2« gewesen sein, den er ab und an in Vertretung des Standardsprechers Nils Clausnitzer auch in Filmen wie z.B. »Auf dem Highway ist die Hölle los« sprach. Einen Sonderfall hierbei stellt die Serie »Simon Templar« dar, von der es sowohl von Clausnitzer als auch von Blumhagen synchronisierte Folgen gibt. Ansonsten sprach er neben vielen anderen auch Erland Josephson in »Szenen einer Ehe«, David Warner in »Titanic«, Christopher Lee in »Gremlins 2«, John Hillerman in der »Magnum«-Neusynchronisation sowie fünf Jahre lang Andreas Katsulas in der Serie »Babylon 5«. Blumhagen, der seit Mitte der 50er synchronisiert, ist auch heute noch einer der meistbeschäftigten Synchron-Schauspieler der »alten Garde«.


» Mir schwelt da eine Frage im Gebeiss!«

Mit frechen Sprüchen und ihren Stimmen möbelten Karl-Heinz Brunnemann und Rainer Brandt die im Original ziemlich verschnarchte Krimiserie mit Roger Moore und Tony Curtis derart auf, dass »DiE 2« in Deutschland ein Mega-Erfolg wurde!
Rainer Brandt erinnert sich: »Wir hielten uns damals für die Größten – wir, die Kumpels und ich. Schauspielschule, sowie die ersten großen Erfolge beim Theater, im Film und auch schon beim Fernsehen (alles live) lagen schon hinter uns. Wir rochen zwar noch ’n bisschen nach Turnhalle, aber das spätpubertäre Gehabe war schon einer gewissen Kreativität in der Birne gewichen. Zwischen weltverändernden Gedanken ergab sich auch die Frage: ›Warum ist das schöne neue Fernsehen so verschissen unkomisch und langweilig?‹ – Wir, die jungen Wilden, fanden all das, was die Älteren dankbar vom Bildschirm in sich reinzogen, nervend, unrealistisch, einfach doof!«

Wider dem deutschen »Humor«

»In Deutschland muss ja alles neu erfunden werden – der Sozialismus, die Demokratie, die Prüderie vor allem! Nur woran es mehr als ein bisschen mangelt ist der Humor! Zwischen 33 und 45 zwangsweise abhanden gekommen wurde so das »dünnste Buch der Welt« geschrieben: »400 Jahre deutscher Humor«. Wenn bei uns Humor entstehen soll, wird eine endlose Vorgeschichte aufgebaut, um dann auf dem Höhepunkt den ersehnten Gag abzulassen. Gags, in dieser Form serviert, zwangen uns damals schon, sie nur im Stehen zu genießen, damit uns nicht die Schuhe wegflogen. Wir fanden ›Good morning, Mr. Miller‹ – ›Guten Morgen, Herr Müller‹ einfach Scheiße! ›Na Meisterchen, schon frisch im Schritt?‹ passte auch auf die Schnauze, war witziger und war neu in der Synchronisation. Und die Zuschauer fanden das riesig, jedenfalls im Kino! Endlich was anderes.«

»In dieser Art ›Schnodderdeutsch‹ machte ich damals meine ersten deutschen Dialogbücher für die ›Hells Angels‹-Filme – und das ergab sich zufällig. Ich war als Sprecher für eine dieser Motorrad-Typen engagiert. Aber der Schwachsinn, den ich da in Deutsch reden sollte, hatte nichts mit dem im Original gesprochenen kalifornischen Slang zu tun. Nur die Bedeutung der original-sprachlichen Verballhornung konnte niemand übersetzen. Ich konnte das aber, weil mein Bruder da lebt, in Kalifornien.«


Flaches Eindeutschen gewollt

»Nachdem ich den Dialogregisseur darauf aufmerksam machte, bedankte der sich nicht nur artig, sondern bat mich für den nächsten Film doch das Buch und die Regie zu übernehmen. Das war der Start! Der endlich ersehnte Anfang, alles besser machen zu können. Wir versuchten das – und es klappte! Nur im Fernsehen nicht. Da musste der ganze Müll so flach eingedeutscht werden, wie es das Original vorschrieb. Da standen die erhobenen Zeigefinger des Senders auf der Matte: ›Ja, aber man kann doch nicht ... äh ... äh ... wir müssen doch am Original ... äh ... äh ... und was sollen denn die Leute sagen?‹, moral-apostelte man rum.
Nur einen gab es zu der Zeit, der die Courage und auch die Möglichkeiten hatte, eine wirkliche komische Spreche ins Fernsehen zu bringen. Das war mein Freund, Karl-Heinz Brunnemann. Er hatte schon eine eigene Synchronbude und auch das Glück vom ZDF mit Serien und Filmen versorgt zu werden. Serien, die danach schrieen in unserem Sinne eingedeutscht zu werden. Wir taten das. Beim Sender war man zunächst einigermaßen skeptisch. Als aber das überragend fantastische Echo der Zuschauer sich nicht nur in der Sehbeteiligung niederschlug, sondern die abends gelaufenen neuen Sprüche morgens im Bus oder der Bahn zu hören waren, hatten wir es geschafft. Das ZDF vertraute uns und stand damit allein auf weiter Flur. Respekt! Heute noch.«


Siegeszug für Schnodderdeutsch

»Wir synchronisierten nun, was das Zeug hielt. Eine Serie komischer als die andere: ›Tennisschläger und Kanonen‹, ›Ihr Auftritt, Al Mundy‹, ›DiE 2‹, ›Department S‹, ›Jason King‹, ›Männerwirtschaft‹ und, und, und ...
So begann es. Das waren die 70er- und 80er-Jahre. Eine neue Form der humorvollen Synchronisation war geboren. Was war dieses ›Schnodderdeutsch‹ nun eigentlich für ’ne Sprache? Es war ein Misch-Masch. Zusammengewürfelt aus Berlinismen, jiddisch, ein bisschen Unterwelt und etwas Gosse! Und sehr viel Humor gepaart mit Phantasie!!! Das Ganze nicht auf Logik, sondern auf die Bewegung der Schauspieler und die Situation aufgebaut.
Wir haben dem Volk aufs Maul geschaut. Und wie redet das Volk? Das erlebt man in jeder Kneipe, auf jeder Großveranstaltung. Sätze werden begonnen – auch wenn das mit einer Riesenbugwelle passiert – werden sie mitten im Satz abgebrochen und der gedachte Faden geht ganz woanders weiter: Bei der nächsten Bierbestellung etwa ... übrigens Bier – hat sich der Dings, der soviel säuft bei gemeldet? Der wollte doch deiner Keule ... wie geht’s überhaupt deiner Schwester? Hat die das Kind schon? Wir haben neue Kinder im Haus ... ich sag dir ... und Schlappa, unser Hausmeister ... der hat doch ... Mensch, der hat ja seine Alte wieder vergeigt neulich ...
So reden Leute, wenn sie unbeobachtet reden. Und das haben wir übernommen. Sehr zur Freunde der Zuschauer und des ZDF. Denn die meisten Serien waren ja Straßenfeger! Ja, es war eine schöne Zeit damals mit dem ZDF.«


Und die Zukunft?

»Vergangene Zeiten lassen sich nicht reaktivieren! Humor schon und es wäre mehr als wünschenswert, wenn einige der ZDF-Gewaltigen sich daran erinnern und dort eventuell wieder anknüpfen würden. Humor haben wir immer noch und auch das nötige Know-how, um ihn rüberzubringen.

Menschen lachen machen ist eine der schwersten, aber schönsten Aufgaben, die es gibt. Nur wenige beherrschen das. Gerade in der jetzigen trüben Zeit dürften sich die Zuschauer nichts sehnlicher wünschen, als endlich mal wieder aus vollem Herzen lachen zu können. Gönnen wir es ihnen doch – das Geburtstagskind ZDF und Rainer Brandt mit seinem Team.

Happy Birthday!«

von Rainer Brandt
Quelle: ZDFonline